ACG SPRENGUNG
Das Schultereckgelenk ist von einer straffen Kapsel und ineinander verflochtenen Bändern umgeben, wodurch es enormen Belastungen standhalten kann.
Für gewöhnlich wird dem AC-Gelenk wenig Aufmerksamkeit geschenkt, bis zu dem Zeitpunkt wo es nach einem Sturz gesprengt ist oder durch eine Arthrose Schmerzen bereitet.
Was dann zu tun ist erfahren Sie hier:
Was führt zu einer Sprengung im AC-Gelenk?
"Beim Typ III, IV, V und VI sind sowohl die Kapsel als auch die angesprochenen CC-Bänder zerrissen und es liegt eine Sprengung im AC-Gelenk vor."
Das Schultereckgelenk verbindet das Schlüsselbein mit dem Schulterdach. Es ist die einzige Gelenk-Verbindung zwischen dem Arm und dem Brustkorb und ist daher extrem hohen Belastungen ausgesetzt.
Im Lauf des Lebens kommt es daher auf natürlichem Weg bei vielen Menschen zu einem Verschleiß, jedoch nicht jede Arthrose am Schultereckgelenk wird auch symptomatisch. Häufig macht das Schultereckgelenk nach einem Sturz (z.B. Fahrrad oder Fußball) auf sich aufmerksam.
Dann nämlich, wenn die Gelenkkapsel oder die Bandverbindungen zwischen Schlüsselbein und Schulterblatt verletzt ist. Das passiert bei direkten Anpralltraumen auf das Schulterdach, dem Akromion, dem oberen äußeren knöcherner Vorspung des Schulterblattes.
Dabei kann es zu Überdehnung oder Zerreißung der Bänder kommen, die sonst die beiden Knochen im Gelenk miteinander stabilisieren.
Liegt nur eine Verletzung der Gelenkkapsel vor, spricht man von einer Typ I Verletzung nach Rockwood. Ist zusätzlich der Bandapparat zwischen Schlüsselbein und Schulterblatt überdehnt oder teilweise gerissen liegt ein Typ II vor.
Beim Typ III, IV, V und VI sind sowohl die Kapsel als auch die angesprochenen CC-Bänder zerrissen und es liegt eine Sprengung im AC-Gelenk vor.
Dabei tritt typischerweise das Schulterdach unterhalb und etwas vor das Schlüsselbein wodurch eine Instabilität im Gelenk zu Tage tritt.
Diese Instabilität kann sehr schmerzahft sein und eine Beeinträchtigung der Schulterfunktion nach sich ziehen.
Klaviertastenphänomen - Das ist damit gemeint.
"Bei einer vollständigen Sprengung des Schultereckgelenks tritt das Schlüsselbein aus dem Schultergürtel nach oben hervor."
Die Position des AC-Gelenks wird durch den Muskelzug vom M. sternocleidomastoideus und M. trapezius am Schlüsselbein beeinflusst.
Über viele Jahre hat sich das Bild der Klaviertaste etabliert und seinen Platz in vielen Lehrbüchern erworben.
Das Klaviertastenphänomen suggeriert, dass die Taste (Schlüsselbein) runter gedrückt werden muss um einen Ton bzw. das gewünschte Ergebnis in dem Fall die Reposition des Schlüsselbeins zu erreichen.
Genauer betrachtet fällt auf, dass es das Schulterdach ist, das sich bei einer vollständigen AC-Sprengung der Schwerkraft folgend unter und vor das Schlüsselbein stellt.
Um das gewünschte Ergebnis zu erreichen (Reposition) müsste man also bildlich gesprochen nicht die Klaviertaste nach unten drücken, sondern das Klavier anheben und ein Stück nach hinten drehen.
Das ist natürlich etwas komplizierter und hätte den Weg in die Bücher sicher nie so leicht gefunden. Wie auch immer, am Ende ist entscheidend das man zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Ton trifft und es den Patienten gut geht!
Diese Bedeutung hat die Klassifikation nach Rockwood:
Rockwood I: Zerrung des Kapsel-/Bandapparates. Keine Schultereckgelenkinstabilität.
Rockwood II: Teilzerreißung des Kapsel-/Bandapparates (Ruptur der akromioklavikularen Bänder) mit Teilverrenkung des Schultereckgelenkes.
Rockwood III: Zerreißung des kompletten Kapsel-/Bandapparates (Ruptur der akromioklavikularen Bänder und der korakoklavikularen Bänder) mit vollständiger Verrenkung des Schultereckgelenkes in der Vertikalebene nach kopfwärts, sog. Schultereckgelenksprengung.
Rockwood IV: Das seitliche Schlüsselbeinende verrenkt sich in der Horizontalebene. Dabei kann es sich im Trapezmuskel verhaken.
Rockwood V: Extremer Schlüsselbeinhochstand mit ausgedehnter Ablösung der Muskelansätze am seitlichen Schlüsselbeinende.
Rockwood VI: Verrenkung des seitlichen Schlüsselbeinendes fußwärts unter das Korakoid.
FAQ zum Schultereckgelenk
Wann kann eine Schultereckgelenkssprengung gut konservativ behandelt werden?
Verletzungen vom Typ I und II nach Rockwood sind in aller Regel ein Fall für die konservative Behandlung. Hierbei sind die bindegewebigen Strukturen nur gedehnt oder nur geringgradig eingerissen. Eine Instabilität liegt dann nicht vor und das Gelenk hört nach wenigen Tagen auf weh zu tun.
Wann ist eine operative Behandlung bei Schultereckgelenkssprengung sinnvoll?
Anders verhält es sich bei Typ III Verletzungen, hierbei sind alle Verbindungen zwischen Schlüsselbein und Schulterdach durchtrennt. Dadurch zeichnet sich klinisch das beschriebene Klaviertastenphänomen ab und im Röntgenbild zeigt sich ein hochstehendes Schlüsselbein. Grundsätzlich haben auch in dieser Situation die verletzten Bänder und sie Kapsel die Möglichkeit wieder zusammenzuwachsen. Das geschieht aber in der ausgerenkten Fehlstellung. Bei vielen Patienten lassen die Schmerzen unter wenigen Wochen Physiotherapie und zeitweiser Einnahme von Schmerzmitteln nach. Die Fehlstellung bildet sich nicht mehr von alleine zurück, sodass einige Patienten auch nach mehreren Monaten den Hochstand des Schlüsselbeines als störend empfinden. Vorübergehende Maßnahmen mit Rucksackverband oder Kinesiotape haben nicht die Eigenschaft das Schlüsselbein kontinuierlich in anatomischer Position zu halten, sodass ihr Nutzen hochgradig umstritten ist. Was bleibt ist die Hoffnung, dass sich der Körper an die Fehlstellung gewöhnt und Schmerzen mit der Zeit von alleine nachlassen. Besondere Bedeutung hat das Schulterblatt. Bei einigen Patienten ist die Bewegung des Schulterblattes gestört, das bezeichnen Orthopäden als Skapuladyskinesie. In diesen Fällen kann es auch langfristig zu muskulären Beschwerden, Kraftverlust und Schmerzen kommen, sodass hier eine operative Behandlung sinnvoll ist. Ebenfalls sinnvoll ist die operative Therapie bei hochgradigen und chronischen Instabilitäten vom Typ IV, V und VI. Kommen Sie einfach zu uns. Wir nehmen uns Zeit, um Ihren Verletzungstyp zu diagnostizieren und ihnen die Prognose zu erklären.
PROF. DR. MED BEN OCKERT
Specialist in orthopedics and accident surgery, sports medicine.